Umgang mit Treblinka nach 1945
Die Verbrechen in den Vernichtungslagern der »Aktion Reinhardt« sind in Deutschland kaum bekannt, obwohl in Belzec, Sobibor und Treblinka insgesamt mehr Menschen als in Auschwitz ermordet wurden. Dennoch steht Auschwitz im kollektiven Gedächtnis exemplarisch für den Völkermord an den europäischen Jüdinnen*Juden. Das liegt unter anderem an einem fehlenden Wissen um die Geschehnisse in den Lagern der »Aktion Reinhardt«, das auch durch die spärliche historische Forschung bedingt ist. Zudem bemüht sich der deutsche Staat nicht um ein würdiges Erinnern an die Opfer der »Aktion Reinhardt«. Außerdem überlebten die Lager der »Aktion Reinhardt« nur sehr wenige Menschen, weshalb es nicht viele Berichte über die Lager gibt.
Die Zahl der Ermordeten ist zu hoch, um wirklich greifbar zu sein. Die wenigen Überlebenden sind inzwischen alle tot, ihre Zeugnisse finden kaum Beachtung. Juristische Konsequenzen bleiben überwiegend aus. Die erteilten Strafen erscheinen angesichts der Beteiligung am hundertausendfachen Mord grotesk niedrig. Am Ende des Mordens beseitigen die Täter fast alle Spuren, so dass es kaum materiellen Überreste gibt. Symbolhaft steht dafür heute der Wald in Treblinka, den die Verbrecher pflanzen, um ihre Morde zu verschleiern. Zumindest in den Lagern der »Aktion Reinhardt« scheinen die Täter ihr Ziel der vollständigen Auslöschung alles Jüdischen erreicht zu haben.
Gedenkinitiativen und die Gedenkstätten an den Orten der ehemaligen Lager versuchen dem ein aktives Gedenken entgegenzuhalten. So leistet das Bildungswerk Stanisław Hantz Bildungsarbeit zu den Lagern der »Aktion Reinhardt« und organisiert Studienfahrten zu den Gedenkstätten. Durch diese Form der Auseinandersetzung können die Einzelschicksale der Verfolgten bewahrt und historisches Wissen gewonnen werden.
Nur wenige Täter*innen der »Aktion Reinhardt« werden nach dem Krieg für ihre Verbrechen verurteilt. Zum einen sind viele von ihnen bei Kriegsende bereits tot. So stirbt Christian Wirth, der Inspekteur der Vernichtungslager, 1944 in der Nähe von Triest bei einem Überfall von Partisanen. Odilo Globocnik, SS- und Polizeiführer in Lublin, begeht in Gefangenschaft Suizid.
Die Aufarbeitung der Verbrechen in Treblinka beginnt noch während des Krieges: Überlebende des Lagers schreiben ihre Erlebnisse auf oder berichten anderen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde davon. Bis diese frühen Zeugnisse ins Deutsche übersetzt werden, dauert es meist bis in die 2000er Jahre. [MEHR]
Die Volksrepublik Polen veranstaltet bereits 1947 einen Wettbewerb für die Gestaltung einer Gedenkstätte in Treblinka, der Entwurf wird jedoch nicht umgesetzt. Als Gedenkstätte ist das ehemalige Lagergelände erst seit 1964 zugänglich. Kaum etwas hat sich seitdem in Form und Symbolik des Gedenkortes verändert.
Weniger als 150 Menschen überleben die Lager der »Aktion Reinhardt«, schätzungsweise 70 davon das Vernichtungslager Treblinka. In ganz unterschiedlicher Form legen viele von ihnen Zeugnis ab und kämpfen somit gegen das Vergessen.